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Hormonsubstitution aus internationaler Sicht Die seit der ersten Publikation der Ergebnisse der WHI-Studie vor allem in Deutschland und Österreich laufende Medienkampagne gegen die Hormonsubstitution hält unverändert an. Die verzerrte und kritiklose Darstellung der Ergebnisse mit den entsprechenden Schlussfolgerungen beschränkt sich darauf, den Nutzen der Hormontherapie angesichts der angeblich unvertretbaren Risiken insgesamt in Frage zu stellen.
Inzwischen gibt es einige Subgruppenanalysen sowie die Ergebnisse des Arms der WHI-Studie mit der Estrogen-Monotherapie, welche den Schluss zulassen, dass eine Estrogentherapie - wenn sie rechtzeitig begonnen wird - doch zur primären Prävention des Herzinfarkts geeignet ist. Estrogene können nämlich nur wirksam werden, wenn die Endothelfunktion noch einigermassen intakt ist.
Im WHI-Untersuchungskollektiv mit extrem übergewichtigen Frauen (durchschnittlicher BMI > 30 kg/m2 = Adipositas) war nämlich in der Altersgruppe 50 - 59 Jahre das relative Risiko koronarer Herzerkrankungen um 44 % reduziert, wobei die Signifikanzschwelle knapp verfehlt wurde (CI = 0,30 - 1,03). Man kann sich vorstellen, dass eine Einteilung der Gruppen nach dem Menopausealter (und damit nach der Dauer des Estrogenmangels) einen signifikanten Schutzeffekt zeigen würde.
Weitaus interessanter ist der Befund zum Brustkrebsrisiko: Mit der Dauer der Estrogenbehandlung nimmt das relative Risiko des Mammakarzinoms in konsistenter Weise ab, sodass nach 6, 8 Jahren insgesamt eine Reduktion um 23 % festgestellt wird. Auch hier wird die Signifikanzschwelle knapp verfehlt (CI = 0,59 - 1,01).
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese günstigen Ergebnisse signifikant geworden wären, wäre die Studie - gegen das Votum des für die Sicherheit zuständigen Gremiums und gegen den Willen der verantwortlichen Studienleiterin - nicht um ein Jahr zu früh abgebrochen worden. Der Estrogen/Gestagen-Arm der WHI-Studie hatte bereits zuvor gezeigt, dass das Mammakarzinomrisiko nach 5, 6 Jahren Therapie bei denjenigen Frauen nicht erhöht ist, welche vor Studienbeginn keine Hormone erhalten hatten (immerhin 75 % aller Teilnehmerinnen) und dass der bei den restlichen Frauen gefundene Anstieg vermutlich ein Artefakt darstellt (da er auf einer extrem niedrigen Inzidenz in der Placebogruppe beruht, die keine altersabhängige Zunahme zeigt).
Der aus sechs gynäkologischen Endokrinologen bestehende Zürcher Gesprächskreis, der seit 1986 regelmässig Empfehlungen zur hormonalen Kontrazeption und Hormonsubstitution veröffentlicht, hat im Oktober 2003 eine neue Stellungnahme zur Hormonersatztherapie erarbeitet. Bei rechtzeitigem Beginn der Hormontherapie, normalerweise in der Peri- oder frühen Postmenopause, bei Beachtung der Kontraindikationen und einer individuellen Verordnung überwiegt der Nutzen eindeutig die Risiken.
Diese Empfehlungen waren die Grundlage für die «Practical recommendations for hormone replacement therapy in the peri- und postmenopause», die im Februar 2004 während eines zweitägiggen Meetings von 25 internationalen Experten ausgearbeitet wurden und die wichtigsten Punkte zur Praxis der Hormontherapie, zur Nutzen/Risiko-Abwägung und zu den Indikationen und Kontraindikationen zusammenfassen.
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